Maritimer Adventskalender 2023

„Wir wissen, warum wir hier sind.“

Kathrin Grund, 40 Jahre alt, und Felipi Schütz Bennert, 29, leiten die brasilianische Auslandsstation der Deutschen Seemannsmission in der Hafenstadt Santos.

Frau Grund, die Pandemie ist noch nicht vorbei, aber es gibt Erleichterung. War die Zeit sehr schlimm?

Kathrin Grund: Seit März 2020 ist der Hafen geschlossen – Seeleute können das Schiff und das Hafengebiet nicht verlassen. Zudem sind die Kapitäne und Reedereien sehr vorsichtig, und unsere Arbeit geht sehr schleppend voran. In der Pandemie kam es öfter vor, dass Seleute krank wurden und in ein Krankenhaus transportiert werden mussten. In einigen Fällen sind die Schiffe abgefharen, die Seeleute blieben allein hier zurück. Wenn ich mich da um jemaden kümmern kann, dann weiß ich, wozu die Seemannsmission in Santos da ist und warum ich meine Arbeit so gerne mache: Sie ist total sinnvoll.

Felipi Schütz Bennert: Ich erinnere mich an einen HIV-Kranken, der dringend ein Medikament benötigte. Doch das war in Brasilien nicht erhältlich, ich konnte es dann über Umwege bekommen.

Ihr Name „Schütz Bennert“ klingt sehr deutsch

Felipi Schütz Bennert: Stimmt, meine Vorfahren stammen aus Luxemburg un Deutschland, doch ich bin 100-prozentig brasilianisch und spreche leider auch kein Deutsch, aber dafür ist ja dann Kathrin da.

Sie teilen sich die Arbeit der Seemannsmission vor Ort…

Kathrin Grund: Ja, ich lebe seit zehn Jahren mit meiner Familie in Santos und bin als ehemalige Deutschlehrerin vor drei Jahren ehrenamtlich zur Seemannsmission gestoßen; Felipi arbeitet zu 80 Prozent als Gemeindepastor und zu 20 Prozent in der Seemannsmission.

Hilft der deutsch-brasialnische Blick im Alltag?

Kathrin Grund: Ja! Ich kenne Deutschland und die Strukturen, Felipi dagegen die brasilianische Mentalität und Denkmuster. Er weiß genau, wie die Behörden hier ticken. Wir brauchen zum Beispiel für jedes einzelne Schiff eine Genehmigung, um an Bord gehen zu dürfen. OHne das Wissen von Felipi würden wir das nie schaffen.

Santos war eine Zeit lang als Station der Seemannsmission verwaist. Ist der Neustart geglückt?

Felipi Schütz Bennert: Stimmt, es gab ein Vakuum von etwa einem Jahr. Das war schlimm. Santos ist der größte Containerhafen in ganz Lateinamerika. Wir arbeiten hier eng zusammen mit unseren katholischen Kolleg*innen von Stella Maris, aber sonst gibt es hier niemanden für die Seeleute. Und in der Pandemie war die Arbeit für uns fast unmöglich, weil wir kaum auf die Schiffe kamen, die Seefahrer nicht zu uns. Wir hoffen sehr, dass sich jetzt alles normalisiert und wir im neuen Team durchstarten können.