Maritimer Adventskalender 2024

„Wir ziehen den Seeleuten hinterher“

Reinhild Dehning, Diakonin, erzählt von der Seemannsmission im griechischen Hafen Piräus

Frau Dehning, Griechenland hat die größte Handelsflotte der Welt doch nur eine einzige diakonische Anlaufstation für Seeleute, nämlich die der Deutschen Seemannsmission in Piräus. Wie kann das sein?

Reinhild Dehning: So wie ich es erlebe, liegt ein Grund darin, dass die hier im Lande vorherrschende griechisch-orthodoxe Kirche eine Diakonie, wie wir sie betreiben, nicht kennt. Zentral ist die Gottesanbetung, weniger der Dienst am Menschen. Glücklicherweise hat sich das in den letzten Jahren hier ein wenig verändert – wohl wegen der anhaltenden Krise in Griechenland. Aber noch engagiert sich die Kirche vor Ort nicht für internationale Seeleute: Es liegt wohl auch an den Reedereien hier, die sind sehr traditionell und mehr auf ihre griechischen Besatzungsmitglieder fokussiert. Die psychosoziale Betreuung von internationalen Seeleuten spielt da leider oft keine Rolle.

Sie sind gerade dabei, für die Seemannsmission ein neues Haus im Frachthafen zu kaufen.

Ja, wir wollen und müssen endlich dichter an die Seeleute ran. Da, wo früher die Frachtschiffe anlegten, liegen heute die Kreuzfahrtschiffe und die riesigen Fähren zu den griechischen Inseln. Ich bin mittlerweile weit über 30 Minuten unterwegs, nur um überhaupt in die Nähe eines Containerschiffes zu gelangen. Mit einem Haus in der Nähe des jetzigen Frachthafens wird sich das ändern.

Ist es schwierig, eine Immobilie zu finden?

Es ist schwierig, eine passende Immobilie zu finden. Der Hafen in Piräus wächst und wächst. Wir suchen schon im zweiten Jahr und haben nun etwas Geeignetes im Auge. Um das alles umsetzen zu können, haben wir extra einen Verein gegründet.

Dafür müssen Sie viele Kontakte haben…

Ich lebe ja schon seit Jahrzehnten in diesem Land und liebe es sehr, mit all seinen Ecken und Kanten. Ich bin hier zu Hause und ja, ich kenne viele Menschen. Wir sind ein starker Verein mit 21 Mitgliedern aus dem In- und Ausland. Das funktioniert ganz großartig.

Wenn Sie ein Haus haben, worauf freuen Sie sich am meisten?

Eigentlich auf alles, denn das, was wir dann anbieten werden – Platz für internationale Tagesgaste oder auch Seeleute, die kurzfristig übernachten wollen in Hafennähe –, gibt es in diesem Land nicht. Wir hoffen auf die Hilfe von Freiwilligendiensten, um den Seefahrern und auch den jungen Leuten einen Blick in die Welt der anderen zu ermöglichen.